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Auf Umwegen zum Traumberuf

In einer Krise hat Verena Kappler wiederentdeckt, was sie immer schon machen wollte. Jetzt hat sie ihre Umschulung am BBRZ Karlsbad mit Auszeichnung abgeschlossen.

Kalendereintrag
Foto: Zusammenarbeit in einer Gruppe

„Wie geht es jetzt weiter?“ Der Jahresanfang ist für viele Menschen ein Anlass, über diese Frage nachzudenken, besonders im Beruf. Nicht immer geschieht das freiwillig: Immer mehr Menschen müssen ihren Job wegen Unfall oder Krankheit aufgeben, zeigen Studien von Krankenkassen.

Doch eine Neuorientierung kann die Chance sein, endlich den Traumberuf zu lernen. So wie bei Verena Kappler: Sie konnte nicht mehr als Straßenbahnfahrerin arbeiten. Jetzt hat die 36-Jährige ihre Ausbildung zur Industriekauffrau abgeschlossen – als Prüfungsbeste im Kammerbezirk Karlsruhe.

Bis dahin war es ein langer Weg: Verena Kappler wuchs in Frankreich auf und kam mit 15 nach Deutschland. Nach der mittleren Reife nahm sie das Wirtschaftsabitur in Angriff, schon damals wollte sie eine kaufmännische Ausbildung machen. Aus familiären Gründen lernte sie jedoch zunächst Friseurin und bekam zufällig die Gelegenheit, als Straßenbahnfahrerin zu arbeiten. Doch dann wurde sie krank und musste regelmäßig Medikamente nehmen. Eine Arbeit in der Personenbeförderung war nicht mehr möglich.

Ihr Berater bei der Deutschen Rentenversicherung empfahl ihr eine Abklärung im Beruflichen Bildungs- und Rehazentrum (BBRZ) in Karlsbad-Langensteinbach. Hier lernen Menschen nach Unfall oder Krankheit einen neuen Beruf. Expert:innen aus Medizin, Therapie und sozialer Arbeit unterstützen sie dabei, gesund wieder ins Arbeitsleben einzusteigen. Verena Kappler wusste direkt: Sie will endlich die kaufmännische Ausbildung nachholen.

Nach Jahren im Beruf wieder die Schulbank zu drücken, war nicht leicht. „Die BBRZ-Ausbilder:innen verstehen diese Situation sehr gut und haben uns dafür alles an die Hand gegeben. Die Lehrkräfte und persönlichen Ansprechpartner:innen haben sich auf jeden eingestellt. Und wir sind als Gruppe enorm zusammengewachsen, haben uns gegenseitig unterstützt.“

Darauf fußt das Konzept des BBRZ mit 30 Jahren Erfahrung in der Ausbildung: „Wir gehen auf jede Person individuell ein, motivieren, damit sie optimale Lernfortschritte erzielt. Theorie und Praxis sind zudem eng verzahnt, bis zu fünf Monate gehen die Teilnehmenden in ein Praktikum. Für die Wahl der passenden Praktikumsstelle beziehen wir den Vor-Beruf, die Lebenssituation und Leistungen mit ein. Das alles hilft beim beruflichen Einstieg“, erklärt Sylvia Jaki, Leiterin Bildung und Integration.

Den Abschluss mit Bestnote sieht Verena Kappler deshalb nicht nur als eigenen Verdienst. „Natürlich macht mich das stolz, aber ohne die Lehrkräfte hätte ich das nicht geschafft. Sie haben jede Aufgabe anhand praktischer Beispiele erklärt und Dinge noch mal extra wiederholt.“ Dass sie neben dem Alltag die Zeit fürs Lernen fand, verdankt sie der Unterstützung ihrer Familie.

Nach dem Abschluss kann sie über Umwege bei ihrer jetzigen Firma anfangen – und hat es nicht bereut. Sie kann vieles aus ihrer Ausbildung in der täglichen Arbeit einsetzen. Doch das Lernen hört nie auf, stellt Verena Kappler klar: „Neben den praktischen Abläufen lerne ich vor allem, geduldig mit mir selbst zu sein.“

Dabei weiß sie schon, wie es weitergeht: Gerne würde sie sich in den nächsten zwei Jahren in Controlling und Finanzbuchhaltung weiterbilden. Ohne die Zeit im BBRZ könnte sie das so nicht in Angriff nehmen. „Es lohnt sich, für neue Wege offen zu sein. Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich irgendwo ein Fenster“, lacht sie.